Gemeinderat lehnt Forderung nach Lärmschutzwänden ab
Aber:
Im Rahmen der öffentlichen Beteiligung können alle Bürgerinnen und Bürger noch bis zum 28.04.2024 schriftlich oder per E-Mail an bauamt@barleben.de – Stellung zum 1. Lärmaktionsplan der Gemeinde Barleben beziehen und Maßnahmen aufzeigen, die in Bezug auf die Lärmreduzierung an den erfassten Hauptverkehrsstraßen zur Prüfung an die Baulastträger übermittelt werden sollen. Dies könnte z.B. die Forderung nach Lärmschutzwänden einschließen.
Hintergründe:
Im Rahmen der Lärmkartierung, zu der die Gemeinde Barleben rechtlich verpflichtet ist, wurde eine strategische Lärmkarte „berechnet“, d.h. es erfolgten keine konkreten Messungen. Schon aufgrund dieser strategischen Lärmkarte konnte jedoch festgestellt werden, dass jeder 2. Einwohner der Gemeinde Barleber von Lärmbelastungen oberhalb des kartierungspflichtigen Schwellenwertes betroffen ist. Die Gefahren für die Gesundheit wurden ebenfalls aufgezeigt. Wir haben in einem vorherigen Beitrag dazu berichtet.
Ableitend aus der Lärmkartierung wurde nun durch die Gemeinde ein Lärmaktionsplan mit Maßnahmen zur Lärmminderung erstellt. Da Lärmverursacher im Fall der A2 aber der Bund und im Fall der B189 das Land sind, kann die Gemeinde aktive Lärmschutzmaßnahmen nur bei diesen entsprechenden Baulastträger einfordern bzw. entsprechende Prüfaufträge an diese richten. Im Entwurf des Lärmaktionsplanes hatte sich die Verwaltung zunächst auf Maßnahmenvorschläge, wie „Maßnahmen am Straßenbelag“, „Verringerung der Fahrgeschwindigkeit und Lichtsignalsteuerung“, „Anwendung von Diffraktoren“ sowie auf passive Maßnahmen wie Schallschutzfenster – alles im Bereich der B189 – beschränkt. Die effektivste Maßnahme, nämlich straßenbegleitende Lärmschutzwände wurde nicht gefordert. Für die A2 wurden keinerlei Prüfaufträge zur Lärmminderung an den Baulastträger adressiert – also auch keine Lärmschutzwände.
In der Hauptausschusssitzung stellte unsere Fraktion deshalb den Antrag, als Lärmminderungsmaßnahmen Lärmschutzwände an der A2 und der B189 in den Lärmaktionsplan aufzunehmen und Prüfaufträge an die jeweiligen Straßenbaulastträger zu erteilen. Diesem Antrag wurde zugestimmt. Anders dann im Gemeinderat am 14.3.2023. Zunächst hat der Gemeinderatsvorsitzende das Abstimmungsergebnis des Hauptausschusses gar nicht bekannt gegeben, wie es normaler Weise üblich ist, sondern einfach unter den Tisch fallen lassen. Als wir dies bemängelten, wurde neu abgestimmt und der Antrag plötzlich abgelehnt. Zuvor hatte Ex-Bürgermeister Keindorff das Wort ergriffen und die Forderung nach Lärmschutzwänden mit den Worten „Da blamieren wir uns nur.“ abgetan. Ist das der Einsatz des Gemeinderates für die Interessen der Bürger? Vorauseilender Gehorsam gegenüber Bundes- und Landesbehörden? Oder hatte man erst im Nachhinein bemerkt, das man „aus Versehen“ einem Antrag der „Freien Wähler Gemeinschaft“ zugestimmt hatte und dies nun wieder korrigiert werden musste? Wahrscheinlich letzteres, denn in anderen Belangen streitet sich die Gemeinde Barleben durch alle rechtlichen Instanzen mit dem Land und dem Landkreis. Beim Lärmschutz will man nicht einmal einen Prüfauftrag erteilen. Dabei wird die Lärmbelastung schon allein durch die beschlossenen weiteren Ansiedlungen im TPO (z.B. 700 Mitarbeiter im Landeskriminalamt) weiter steigen.
Andere Gemeinde, wie die Hohe Börde, sind beim Thema Lärmschutz schon weiter. Hier war die Bürgermeisterin Frau Trittel persönlich beim Bundesverkehrsministerium und hat sich für Lärmschutzwände an der A2 stark gemacht.
Der Lärmaktionsplan der Hohen Börde wurde von einem Ingenieurbüro für Schallschutz und Bauphysik erarbeitet. In der Hohen Börde ist die A2 die stärkste Lärmquelle. Im Lärmaktionsplan steht ganz konkret drin, dass u.a. mindestens 5 m (über den Gradient der BAB 2) hohe Lärmschutzwände mit straßenseitig schallhochabsorbierender Ausführung“ gegenüber dem zuständigen Straßenbaulastträger erwirkt werden sollen, um den bestmöglichen Lärmschutz für die betroffenen Bürger zu erzielen (siehe Seite 46). Die Gemeinde Hohe Börde zieht sogar eine Klage in Erwägung, wenn der Straßenbaulastträger, also der Bund, der Forderung nach effektivem Lärmschutz nicht nachkommt. Wäre es diesbezüglich nicht sinnvoll, wenn sich die betroffenen Kommunen zusammenschließen?
Es kann doch nicht sein, dass 35 Jahre nach der Wende auch beim Lärmschutz immer noch die Unterschiede zwischen Ost und West offensichtlich sind und Lärmschutzwände an der A2 erst ab Helmstedt losgehen!
Woran liegt es? Sind wir genügsamer? Noch ist es nicht zu spät, sich als Einwohner für mehr Lärmschutz in Barleben und Ebendorf – den beiden am meisten betroffenen Ortteilen – einzusetzen!
Momentan ist es relativ ruhig an der B189: Wegen Bauarbeiten gilt Tempo 60 und es gibt nur eine Fahrspur in jede Richtung. Dies ist aber nicht die Regel: Wer sich Barleben als Wohnort aussucht, sollte wissen, dass es hier laut ist. Die Barleber kennen das: Vor allem beim häufigen Westwind donnert der Lärm der B189 durchs Dorf, bei Süd(Ost)wind der Lärm der A2 (der sich mit der Auskiesung des Adamsees durch die riesige Wasserfläche noch besser ausbreiten kann). Etwas Erleichterung bringt Nordostwind, aber wer möchte nur bei entsprechender Windrichtung in (relativer) Ruhe im Garten, auf der Terrasse oder dem Balkon sitzen bzw. bei offenem Fenster schlafen können? Irgendwie haben sich sicherlich vielen von uns daran gewöhnt – der eine mehr, der andere weniger – aber der Verlust an Lebensqualität und die gesundheitlichen Risiken bleiben. Und nicht nur das. Es drohen auch Immobilienwertverluste. Und wer möchte schon sein mühsam erarbeitetes Häuschen einmal für „nen Appel und nen Ei“ verkaufen müssen?
Der Lärmschutzwall entlang der B189 am neuen Wohngebiet „Schinderwuhne“ ist ein Anfang in puncto Lärmschutz, aber auch hier drückt der Lärm von der Seite in das Wohngebiet – insbesondere von dort, wo die B189 in Brückenlage über die Bahntrasse führt. Dort ist es für die Gemeinde unmöglich, auf eigenen Flächen effektive Lärmschutzmaßnahmen umzusetzen. Dies geht nur unmittelbar an der Straße auf Flächen, die dem Land gehören (so auch die Aussage des Planers, der den Flächennutzungsplan für Barleben erarbeitet hat). Das Lärmproblem setzt sich hinter der Bahn fort: Hier ist hinter dem Wohngebiet „Ammensleber Weg“ ein weiteres riesiges Wohngebiet direkt an der B189 geplant. Am anderen Ende Barlebens ist das gegenüber der A2 extrem exponierte Wohngebiet „Alte Ziegelei“ gerade in der Vermarktung…
Übrigens fehlt im Lärmaktionsplan auch eine genauere Betrachtung der Eisenbahnlinie. Es gibt angeblich keine Betroffenen. Wer sich dennoch betroffen fühlt, kann die Lärmkarten einsehen oder auf der Facebookseite „Barleben nachgehakt – Mitreden erwünscht“. Entsprechend der Gemeindestatistik für Barleben auf dieser Seite haben im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung 9 Bürger Betroffenheit signalisiert.
Weitere Hintergründe sind in den „Hinweisen zur Lärmaktionsplanung“ der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) oder im Methodikbericht zur Lärmkartierung (siehe hier) zu finden.