Barleber Bürgermeister sucht „Begleitung“

„….Diese Person muss geeignet sein, den Bürgermeister im Bedarfsfall zu den Veranstaltungen (auch im Ausland) zu begleiten. Diese finden sehr häufig außerhalb der Normarbeitszeit sowie an Wochenenden statt. …Art und Umfang der Leistungen sowie der Ort der Leistungserbringung werden vom Bürgermeister im Einzelfall bestimmt…“ (Auschreibung hier ansehen)

Ein Schelm, wer dabei Hintergedanken hat? Urteilen Sie selbst.

Der Sachverhalt:
Der Bürgermeister F.-U. Keindorff (FDP) hatte vor Jahren im Gemeinderat eine „gute Bekannte“ und Parteifreundin, Frau Lydia K. (Physiotherapeutin), mit der er auch privat enge Kontakte pflegte.
Aus beruflichen und persönlichen Gründen zog diese nach einigen Jahren fort, Mann und Kind blieben in Barleben zurück. Da ihr neuer Arbeitsplatz nicht den erwarteten Erfolg brachte, aktivierte Frau K. die alte „Beziehung“ wieder, um sich einen neuen, gutbezahlten Job zu verschaffen. Herr Keindorff, der die Qualitäten von Frau K. und ihren persönlichen Einsatz noch zu schätzen wusste, war auch prompt zur Hilfe bereit. Dazu sollte 2011 eine neue Stelle in der Gemeindeverwaltung unter der Bezeichnung „KoordinatorIn für nationale und internationale Beziehungen“ geschaffen werden. Eine Ausschreibung wurde im Mitteilungsblatt der Gemeinde positioniert und die am besten geeignete Bewerberin von ihm schnell gefunden: Frau K.
Der Gemeinderat, der davon Wind bekam, lehnte dieses Ansinnen jedoch ab, sehr zum Ärger des Bürgermeisters. Erstaunlich war, dass Frau K. kurze Zeit später dann aber doch mit genau dieser Arbeitsaufgabe betraut wurde, am Gemeinderat vorbei, nämlich mit einem sogenannten „Dienstleistungsauftrag“. Auf eine Strafanzeige hin beschäftigte dieser Vorgang Staatsanwaltschaft, Kommunalaufsicht und Presse. Letztlich gab es zwar Kritik, aber eben nicht mehr. Dieser Dienstleistungsauftrag lief jetzt aus. Dann ist ja alles in Ordnung könnte man denken, aus Fehlern wird man wohl gelernt haben. Sehr erstaunt waren die Gemeinderäte jedoch, als aktuell wieder eine Ausschreibung dieser Dienstleistungen auftauchte, ganz diskret, nicht auf der Homepage der Gemeinde oder in der Presse, sondern in einem Internetportal, wo zumeist Bauleistungen ausgeschrieben werden. Und siehe da, es gab genau ein abgegebenes Angebot für die zu vergebene Dienstleistung, dass Angebot der jetzt freischaffenden Frau Lydia K.!
Am 16.7.2012 hatte der Hauptausschuss dann diesem Vertrag nur noch zuzustimmen.

Nun, zu welchem Urteil sind Sie gekommen?

5 comments

  1. Jens Barthel

    Schon immer haben Fürsten und Könige gern Leistungserbringer und -innen um sich gehabt, bei denen sie Art und Umfang der Leistung sowie den Ort der Leistungserbringung bestimmen konnten. Und solange es solche dienstbaren Geister gibt …

  2. Ramona Müller

    Der Hauptausschuss hat am 16.7.2012 den Auftrag an Frau Lydia Krüger vergeben (Volumen von über 100.000 €, zuzüglich Flüge, Hotels und Verpflegung).
    Unser Antrag, dies 3 Tage später im Gemeinderat zu verhandeln wurde abgelehnt. Im Vorfeld hatte ich noch die Kommunalaufsicht informiert und um Stellungnahme gebeten. Lapidare Antwort: „Die Ausschreibung der Leistung ist unter Beachtung der im Land geltenden Vorschriften und im Rahmen des Vollzugs des Haushaltsplans erfolgt.“

    Wenn aber Außenstehende den Eindruck bekommen, dass Frau Krüger diesen Vertrag nur wegen ihres besonders guten Verhältnisses zum Bürgermeister erhalten hat, schadet das sowohl dem Ansehen der Gemeinde, als auch dem des Bürgermeisteramtes. Schon deshalb hätten wir uns gewünscht, dass Vergleichsmöglichkeiten über mehrere Angebote zustande gekommen wären.

    Für mich bleiben folgende offene Fragen:
    1) Wie kann es sein, dass laut VOF bei einem Auftragswert von 25.000,- drei Angebote einholt werden müssen und bei einem Auftragswert von über 100.000,- ein Angebot ausreicht?

    2) Wieso wurden Barleber „Jobsuchende“ (auf nichts Anderes zielt dieser Dienstleistungsvertrag) nicht über das Internetportal der Gemeinde oder über die Presse informiert? (Aktuell sucht man z.B. eine Sachbearbeiterin in der Verwaltung, dazu nutzt man plötzlich viele Möglichkeiten!)

    3) Wieso wurde eine Planstelle auf Druck des Gemeinderates von der Verwaltung zurückgezogen und nunmehr für das doppelte „Gehalt“ als Dienstleistung vergeben?

    4) Welches Dorf in Deutschland braucht und leistet sich eine „Koordinatorin für nationale und internationale Beziehungen“ und legt auf Fremdsprachenkenntnisse überhaupt keinen Wert?

  3. J.Kersten

    Was ist daran verwerflich? Im heutigem Leben sind doch gute Kontakte fast noch wichtiger als vor der Wende.
    Und wenn dann solche vorhanden sind, muss man sie aktivieren um seine Lebenssituation zu verbessern. Das ist doch das Leben. Im übrigen wird es doch von der großen Politik vorgelebt.
    Und legal scheint es ja abgelaufen zu sein.

    Außerdem wird man eine freiberufliche Dienstleistung nicht in den Stellenangeboten des AA finden.

    • Jens Barthel

      Es handelt sich hier nicht um eine freiberufliche Tätigkeit. Die juristische Definition von freiberuflichen Tätigkeiten (freien Berufen) erfolgt im Einkommensteuergesetz (EStG) § 18 und im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) § 1. Zusammenfassend gilt: Freiberufliche Tätigkeiten sind selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende, erzieherische oder sehr ähnlich gelagerte Tätigkeiten, die nicht der Gewerbeordnung unterliegen.
      Freie Berufe haben noch folgende weitere Merkmale: Sie beruhen auf besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung. Und sie beinhalten die Erbringung von Dienstleistungen höherer Art (und zwar in persönlicher, eigenverantwortlicher und fachlich unabhängiger Weise) im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit.

      Reisebegleitung gehört eindeutig nicht zu den freiberuflichen Tätigkeiten, es sei denn, Frau Krüger begleitet den Bürgermeister in ihrer Tätigkeit als selbständige Schmerztherapeutin. Schließlich betreibt sie in Magdeburg ja eine entsprechende Praxis (http://schmerztherapeutin.com). Und da ja alles offenbar vom Herrn Bürgermeister während einer solchen Reise vorgegeben ist, dürfte auch die Selbständigkeit in dieser Zeit fragwürdig sein.

  4. Ramona Müller

    Was ist daran verwerflich? Die Frage stellte J. Kersten?
    Vom Standpunkt einer Unternehmerin die Arbeit sucht nichts!
    Bei einer Privatfirma „Gemeinde Barleben“ kann der Firmeninhaber eine gute Freundin einstellen, so wie es ihm behagt, weil es sein Geld ist und ihm die Firma gehört.
    Wenn jedoch der Bürgermeister mit legalen Tricks, aus Steuergeldern finanziert, einer Freundin eine gut bezahlte Tätigkeit verschafft, geht das die Öffentlichkeit was an! Dieser Meinung bin ich.
    Auch wenn die „Jobvergabe an Frau Krüger“ konkret Dienstleistungsvergabe, kein Fall für die Justiz darstellt, ist das Handeln unseres Bürgermeisters Herrn Keindorff in meinen Augen zutiefst unmoralisch, unredlich und hinterhältig.
    Dieses muss man öffentlich sagen und kann es nicht damit abtun „es wird doch von der großen Politik vorgelebt“.
    Wer so denkt, darf sich nicht wundern, wenn die Regeln der Gesellschaft auch auf allen anderen Gebieten gebrochen werden.
    Über Gesetzesverstöße haben Richter zu entscheiden, nicht über Moral. Das kann nur
    die Öffentlichkeit übernehmen, die Wert legt auf Einhaltung gesellschaftlicher Regeln.
    Gesellschaftliche Missachtung seiner Person, Appell an sein Gewissen, an sein Schamgefühl alles Strafen die auch unseren Bürgermeister hart treffen können.
    Und dafür müssen nicht einmal die Gesetzeshüter zu Hilfe gerufen werden.
    Bei diesem Beitrag, diente mir als Quelle das Buch von Ulrich Wickert
    „Gauner muss man Gauner nennen“

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