Sitzung geplatzt
Jeder der heute im Arbeitsleben steht weiß, das man mit Kritik am Chef ganz schnell seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt. Das trifft natürlich auch für die Mitarbeiter eines Verwaltungsamtes zu, hier ist der Bürgermeister (BM) Chef. Damit aber ein BM nicht machen kann was er will, gibt es für ihn auch einen Dienstvorgesetzten, nämlich den Gemeinderat (GR). Dieser hat Kontrollpflichten und Weisungsbefugnis.
Nun wäre es für einen BM einfach, wenn er den GR mit seinen Verwaltungsmitarbeitern besetzen könnte. Einerseits würden diese ihn nicht mal kritisieren, da sie arbeitsrechtliche Konsequenzen fürchten, andererseits wären Abstimmungen im GR über solche Ratsmitglieder gut „steuerbar“. So wäre der GR aber kein Aufsichtsgremium mehr, sondern nur noch eine Lachnummer, Missbrauch wären Tür und Tor geöffnet. Damit eine solche Konstellation erst gar nicht entsteht, hat der Gesetzgeber im § 40 GO LSA (hier ansehen) Hinderungsgründe für die Tätigkeit von Verwaltungsmitarbeitern im GR festgelegt.
Nun zu der Situation in Barleben. Herr Reinhard Lüder (SPD) ist in der örtlichen Verwaltung angestellt, aber gleichzeitig Mitglied und Vorsitzender des Gemeinderates. Interessenskonflikte sind also vorprogrammiert. Dies wollte unsere Fraktion überprüft haben und stellte dazu am 4.12.2012 einen entsprechenden Antrag (hier ansehen).
Laut Gesetz muss ein solcher Antrag zur nächsten Sitzung, mit Begründung jedoch spätestens zur übernächsten auf der Tagesordnung des GR stehen.
Verantwortlich dafür sind der Vorsitzende, also Herr Lüder selbst und der BM. Wie viel Interesse beide an einer Prüfung dieser Situation haben, ist sicherlich jedem klar. Der nächste Sitzungstermin verstrich – wie erwartet. Man hatte es in den 3 Wochen noch nicht geschafft, eine rechtliche Bewertung vorzunehmen, so der BM.
Beim übernächsten Sitzungstermin am 14.2.2013 war das Thema im nichtöffentlichen Teil untergebracht. Fälschlicher Weise und ohne eine rechtliche Bewertung durch die Verwaltung, denn jetzt wollte man unseren Antrag nicht verstanden haben, so BM und sein Stellvertreter Herr Meseberg (SPD) unisono.
Erst unsere Beschwerde bei der Kommunalaufsicht bewirkte, dass wir unseren Antrag am 28.3.2013 und jetzt im öffentlichen Teil der GR-Sitzung behandeln werden.
Damit aber bis dahin verhindert wird, dass Herr Lüder weiterhin bei jeder Abstimmung (auch über Dinge seinen Arbeitsplatz betreffend) mitwirkt, ohne dass klargestellt ist, ob er so etwas überhaupt darf (und damit die Beschlüsse nichtig sein könnten), stellte unser Fraktionsmitglied Michael Lange den Antrag, die Sitzung an dieser Stelle abzubrechen. Diesem wurde mehrheitlich zugestimmt (Linke und CDU stimmten dafür, BM+FDP sowie Herr Lüder stimmten dagegen). Nun sicherte der BM zu, unseren Antrag verstanden zu haben und die für eine Beschlussfassung nötigen Unterlagen dem GR zur nächsten Sitzung vorzulegen.
(Anmerkung: Wer die handelnden Personen kennt, wird einen sehr emotionalen Sitzungsverlauf vermuten, dies wäre untertrieben.)
Presseartikel (hier ansehen)