Ganz schön Kohle für Ecole

Ramona Müller et al. (2)

Wenn wir uns zu Ecole äußern, müssen erst einmal einige grundsätzliche Dinge vorangestellt werden, die vielen Bürgern nicht bekannt sind. Die Ecole-Schule ist keine öffentliche Schule. Im Sinne des Grundgesetzes ist sie eine private Schule (Artikel 7: „Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen.“). In Sachsen-Anhalt werden diese Schulen durch das hier geltende Schulgesetz als „Schulen in freier Trägerschaft“ bezeichnet, was an ihrem privaten Charakter jedoch nichts ändert. Diesen stehen die öffentlichen Schulen gegenüber, deren Träger z.B. eine Stadt oder Gemeinde ist (unsere Barleber Grund- und Sekundarschule). Genau so ist es im Schulgesetz LSA §2+3 definiert. Es ist politischer Wille, dass die Schulen in freier Trägerschaft bei der Erfüllung des staatlichen Bildungsauftrages eigenverantwortlich mitwirken (Artikel 28 Landesverfassung LSA). Mit ihren alternativen oder erweiterten Bildungsansätzen können sie durchaus eine Bereicherung unseres Schulsystems darstellen. Weil der Staat aber die Pflicht hat, darauf zu achten, dass Bildung nicht am Geld scheitern soll, ist in dem o. g. Artikel auch geregelt, dass die Genehmigung für ihren Betrieb (+ 80 % staatlicher Zuschuss für Lehrergehälter) nur dann erteilt wird, wenn ausgeschlossen ist, dass sie bevorzugt Kinder finanziell bessergestellter Eltern aufnehmen.

Der „freie Träger“ von Ecole in Barleben ist eine privatrechtliche Schulstiftung. Mit Stiftung wird ein als rechtsfähige juristische Person verselbständigtes Vermögen bezeichnet, welches einem bestimmten Zweck dient (siehe §§ 80ff BGB). Solange das Vermögen für eine privatrechtliche Stiftung von privaten Geldgebern kommt, ist dagegen überhaupt nichts einzuwenden. Wir waren immer dafür, dass die Kommune z.B. durch Planungen und passende Infrastruktur Ecole unterstützt. Eine finanzielle Unterstützung ist jedoch an bestimmte Voraussetzungen gebunden. So darf eine Kommune nur dann ihr Vermögen in eine Stiftung einbringen, wenn diese unmittelbar einer öffentlichen Aufgabenerfüllung der Gemeinde dient (siehe Gemeindeordnung LSA § 115/4). Da Barleben jedoch schon eine Grund- bzw. Sekundarschule in eigener Trägerschaft unterhält (die Unterhaltung eines Gymnasiums ist nicht Aufgabe unserer Gemeinde), schließt die o. g. gesetzliche Regelung eine direkte finanzielle Beteiligung an der Ecole-Stiftung aus. So sah es auch die Kommunalaufsicht des Landkreises in ihrer diesbezüglichen Stellungnahme vom 13.8.07 an die Gemeinde. Eine indirekte finanzielle Unterstützung ist unter Umständen möglich, jedoch immer eine Gratwanderung.

Wie viel Geld ist bisher zur Unterstützung von Ecole eingesetzt worden?

Eine gleichlautende Anfrage im Hauptausschuss am 12.11.09 und noch mal im Gemeinderat am 17.12.09 wurde uns bis heute (29.3.2010) nicht beantwortet, deshalb bleiben einige Fragezeichen. Die Höhe der Zuwendungen für Ecole zu Lasten unseres Gemeindehaushaltes belaufen sich mittlerweile auf über 6 Mio. €! Bis jetzt sind uns bekannt:

  • Der Grundstückskauf EMB durch die Gemeinde (1 Mio. €)
  • die Schenkung des Schulinventars (?)
  • der Zuschuss für den Bau der Grundschule (4,5 Mio. €) und der Verzicht auf das Rückübertragungsrecht am Grundschulgrundstück (?)
  • Umbauleistungen am Herrenhaus Breiteweg (?) sowie drei Jahre Mieterlass für das dortige Gymnasium, einschließlich für die Nutzung der Mittelandhalle (?)
  • weiterhin ein Kredit-Schuldenerlass in Höhe von 625 000 € und einige kleinere Zuschüsse.

War das jetzt alles oder kommen noch weitere Belastungen durch den Bau des geplanten Gymnasiums und der für den Schulbetrieb erforderlichen Sporthalle (geplante Schülerzahl Ecole ca. 850 Schüler) auf die Gemeinde zu? Die Stiftung weist schon auf Ihrer Internetseite darauf hin, dass das Risiko der Finanzierung auf einen Dritten übergeht und von einer Bürgschaft durch die Gemeinde Barleben ausgegangen wird. Letzteres wurde uns durch die Verwaltung auch so bestätigt. Die vertraglichen Details unterliegen leider der Schweigepflicht, aber wir werden weiter berichten, was uns möglich ist. Ausgehend von dem vorher Gesagten muss die Frage gestellt werden:

Können wir uns weitere finanzielle Unterstützungen für Ecole leisten?

Die bestehenden Haushaltsbedingungen waren bis vor kurzem noch sehr kritisch. Kaum dass der Haushalt 2010 beschlossen war, wurden neue Fehlbeträge sichtbar. Durch das am 16.2.2010 zu unseren Gunsten ausgefallene Urteil des Landesverfassungsgerichts zum umstrittenen Finanzausgleichsgesetz (Az. LVG 9/08) können wir nun nachträglich wahrscheinlich noch einige Millionen in den Haushalt einstellen, dies sorgt erst einmal für Entspannung. Trotz dem stellt sich die Situation so dar, dass auf der einen Seite von Minderung der gewerblichen Steuereinnahmen ausgegangen werden muss. Auf der anderen Seite aber die Erhöhung bürgerbezogener Steuern und Gebühren, sowie die Verteuerung der Kinderbetreuung (alles im Zusammenhang mit der Haushaltsdebatte beschlossen) die Bürger mehr belastet. In diesem Kontext werden wir auch zukünftig alle freiwilligen Leistungen kritisch hinterfragen.

(2) Der Artikel wurde nach kritischen Hinweisen und einem klärenden Gespräch mit dem Vorstand Herrn M. Langhof geringfügig geändert. (29.3.2010)

5 comments

  1. Ping: Sitzung des Gemeinderates am 2. 9. 2010 – Freie Wähler Barleben

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