Vertragsabschluss im Blindflug

In der Gemeinderatssitzung am 29.01.2015 war das Chaos perfekt. Es sollte über Kooperationsverträge der Gemeinde Barleben mit fünf Vereinen entschieden werden. Die Verträge waren aber der Einladung nicht beigefügt, sondern sie wurden als Tischvorlage am Abend ausgelegt. 5 mehrseitige Verträge parallel zur Diskussion der umfangreichen Beschlussvorlagen lesen, verstehen und darüber entscheiden, das war unserer Fraktion dann doch zu viel. Wir beantragten, die Beschlussvorlagen von der Tagesordnung zu nehmen. Zum einen, um alle Unterlagen sichten zu können und dann verantwortungsvoll zu entscheiden, zum anderen, um im Kontext mit dem vorzulegenden Haushaltskonsolidierungskonzept zu überlegen, ob und wieviel der eigentlich nicht mehr verfügbaren Mittel vergeben werden könnten. Dieser Antrag wurde nach vehementem Widerspruch des Bürgermeisters (BM) abgelehnt. Er war der Meinung, dass er allen Mandatsträgern irgendwann angeboten hätte, die Verträge in der Verwaltung einzusehen und somit der Sache genüge getan wäre.
Kurzum: Alle Kooperationsverträge wurden dann, so wie vom BM vorgeschlagen beschlossen, ohne überhaupt zu wissen, worüber abgestimmt wird.
Es handelt sich größtenteils um Pauschalsummen, deren Zustandekommen aus den Verträgen nicht hervorgeht (wie man nach der Sitzung zu Hause feststellen konnte). Das Problem in der gegenwärtigen Situation ist, dass diese finanziellen Zuwendungen unabhängig (!) von der Haushaltslage erfüllt werden. Die wenigen Mittel, die für alle anderen Barleber Vereine im Haushalt 2014 eingestellt waren (30 000 €) konnten aufgrund der Haushaltssperre nicht ausgezahlt werden und so wird das höchstwahrscheinlich auch in diesem Jahr sein. Es entsteht also eine Ungerechtigkeit, die wir nicht mittragen können.
Weiterhin sind dadurch für das Jahr 2015, wenn man den schon am 1.12.2014 abgeschlossenen Vertrag mit dem Mehrgenerationenzentrum einbezieht, schon 211 000 € ausgegeben worden – Geld, das wir überhaupt nicht haben. Bevor wir es für solche freiwilligen Leistungen ausgeben, müssten wir erst einmal Klarheit über unsere Finanzen haben.
Deshalb verstoßen diese Beschlussvorlagen unseres Erachtens gegen die Treue – und Sorgfaltspflicht beim Umgang mit öffentlichen Mitteln, für die der Bürgermeister verantwortlich ist.
Zum o.g. Artikel, dessen zweiter Teil übrigens von Ramona Müller und Dr. Edgar Appenrodt verfasst wurde, möchte ich noch sagen, dass die Arbeit der o.g. Vereine, insbesondere im Bereich der Kinder- und Jugendförderung, eine große Wertschätzung verdient und selbstverständlich mit öffentlichen Mitteln unterstützt werden sollte! Darüber hinaus muss sich der SG „Eintracht“ Ebendorf eigenständig um eine Sporthalle kümmern und der „Insel für Alternativen“ e.V. sollte ohnehin gesondert betrachtet werden, da es sich beim Jugendclub um eine öffentliche Einrichtung der Gemeinde handelt, die offene Kinder- und Jugendarbeit anbietet, welche von qualifizierten (sozialpädagogisch ausgebildeten) Fachkräften geleistet werden muss. Man kann nicht alle Vereine und auch nicht alle von den Vereinen erbrachten Leistungen über einen Kamm scheren (mitunter übernehmen die Vereine nämlich mit viel ehrenamtlichen Engagement Leistungen, die ansonsten die Gemeinde bedeutend teurer selbst erbringen müsste bzw. deren Nichterfüllung uns allen irgendwann teuer zu stehen kommen könnte). Was aber fehlt, ist eine kommunale Strategie, aus der in Zeiten knapper Kassen eine Prioritätensetzung für freiwillige Leistungen allgemein und die Vereinsförderung im Besonderen abgeleitet werden kann. Derzeit geht alles wirr durcheinander und viele freiwillige Leistungen, z.B. das Unternehmerbüro oder nationaler und internationaler Austausch, gelten nach wie vor als unantastbar. Gut wäre eine allumfassende Debatte in den Gremien: „Was ist uns als Kommune wichtig.“, um dann objektiv abzuwägen: „Wie und ggf. mit wem können wir das erreichen.“