Bildungskonzept in Barleben

(Artikel als PDF)

Liebe Freie Wähler, liebe Leser,

ich finde es außerordentlich bedauerlich, dass die Meinungsäußerung von Ramona Müller auf der Internet-Seite der Freien Wähler insbesondere beim Ecole-Verein und bei der Ecole-Stiftung für großen Ärger und Missstimmung gesorgt hat, die sich nun gegen die Freien Wähler insgesamt richten.

Als skandalös empfinde ich jedoch, auf welche Weise die FDP-Fraktion im Gemeinderat unter maßgeblicher Mitwirkung unseres Bürgermeisters diese Meinung bzw. Anfrage einer im Gemeinderat ehrenamtlich tätigen Person dazu benutzen möchte, die zu einer Fraktion zusammengeschlossenen Freien Wähler insgesamt als Gruppe zu diffamieren.

Deshalb möchte ich nachfolgend meine persönliche Meinung an dieser Stelle darstellen.

Zuvor möchte ich allerdings aus meiner Sicht einiges klarstellen:

Der Blog der Freien Wähler ist nicht als Plattform zur Verbreitung abgestimmter einheitlicher Meinungen der Freien Wähler gedacht, sondern als mehr oder weniger freier Meinungsaustausch der unter dem Namen „Freie Wähler“ zusammengeschlossenen Personen untereinander sowie zwischen den Freien Wählern und anderen Personen.

Die Protagonisten dieser Art der Kommunikation haben sich innerhalb der Freien Wähler gegen die Skeptiker insbesondere mit dem Argument durchgesetzt, dass es hier möglich sein soll, auch kontroverse Meinungen auszutauschen und zu diskutieren. Damit wollen die Freien Wähler in Barleben eine Plattform bieten, die an anderer Stelle in der Gemeinde nicht geboten wird. Sowohl den Protagonisten, als auch erst recht den Skeptikern war durchaus bewusst, dass solche Art offene Diskussion problematisch werden kann. Denn diese Art Meinungsaustausch ist man nicht gewöhnt in Barleben und andernorts ist es wohl auch nicht unbedingt die Regel.

Dass die Probleme schon wenige Wochen nach dem Start des Blog losgehen, war allerdings nicht absehbar.

Ich würde mich trotzdem nach wie vor eher auf die Seite der Protagonisten einer offenen Diskussion stellen, trotz aller damit verbundenen Gefahren. Allerdings müssen sich alle Beteiligten noch darin üben, einen angemessenen Stil zu finden, um einerseits klare Positionen darzulegen, andererseits aber andere Personen oder Vereinigungen nicht voreilig und / oder unangemessen in schlechtes Licht zu rücken.

Ich hoffe, dass dieser Balanceakt gelingt und sich irgendwann die Nutzer und Leser dieses Mediums an den sachlichen Umgang damit gewöhnen.

Nun meine Meinung zur Unterstützung der Ecole-Schulen in Barleben.

  1. Ich selbst habe noch niemals an dem Sinn und Zweck einer Privatschule und / oder Schule in freier Trägerschaft allgemein und am Sinn und Zweck der Ecole-Schule speziell gezweifelt. Ganz im Gegenteil finde ich es höchst anerkennenswert, dass sich engagierte und motivierte Eltern zusammentun, um zunächst einen Trägerverein für eine Schule und dann gemeinsam mit anderen auch eine Stiftung zur Finanzierung dieser Schule zu gründen. Dies halte ich für einen außerordentlich wertvollen Beitrag zur Förderung der Vielfalt und des Niveaus unserer Bildungslandschaft in Deutschland, in der ansonsten, gemessen an den seit Jahren bekannten Problemen, viel zu wenig Entwicklung in positive Richtung zu erkennen ist. Ich finde es richtig und konsequent, dass sich Eltern eigene Lösungswege suchen, statt auf Entscheidungen der Bundes- und Landespolitiker zu warten.
  2. Während meiner Tätigkeit im Gemeinderat von Barleben hatte ich selbst die Initiative des Bürgermeisters und der Verwaltung zur Unterstützung des Ecole-Vereins von Beginn an nicht nur gebilligt, sondern auch unterstützt, sowohl in den Diskussionen als auch in den Abstimmungen. Allerdings habe ich auch die Bedenken der dieser Initiative gegenüber kritisch  eingestellten Ratsmitglieder verstanden, die damals bereits vor einer Ungleichbehandlung zwischen kommunalen Bildungseinrichtungen und der Schule in freier Trägerschaft warnten. Um diese Bedenken auszuräumen, wurde durch Bürgermeister und Verwaltung zugesichert, auch die kommunalen Kindereinrichtungen und Schulen in Barleben weiterhin über den gesetzlichen Rahmen hinaus zu fördern (Jedenfalls habe ich das so in Erinnerung!). Ich möchte jedenfalls ausdrücklich davor warnen, hier oder an anderer Stelle den Eindruck zu vermitteln, dass alle unter dem Namen „Freie Wähler“ zur Kommunalwahl 2009 angetretenen Personen die finanzielle Unterstützung der Ecole-Schulen ablehnen.
  3. Es gibt unter den Freien Wählern einige Personen, die sich nicht nur einmal in den Ecole- Schulen umgesehen haben, sondern bereits mehrere Gelegenheiten dazu wahrgenommen haben, sich umzusehen und zu informieren, jeder auf seine Weise. Trotzdem sollten alle am Thema interessierten Freien Wähler das Angebot von Herrn Dr. Kleinen (Schulleiter) und Herrn Langhoff (Trägerverein)  unbedingt annehmen, um sich über die Schulstruktur allgemein und über die aktuellen Probleme der Ecole-Schulen, des Ecole-Vereins und der Ecole-Stiftung informieren zu lassen!
  4. Nach wie vor bin ich dafür, dass die Gemeinde Barleben den Ecole-Verein und auch die Ecole-Stiftung nach Kräften unterstützt, nicht nur weil ich im Gemeinderat dabei war, als der diesbezügliche Grundsatzbeschluss gefasst wurde, sondern weil ich nach wie vor davon überzeugt bin, dass jeder Euro, der diesem Zweck dient, gut investiert ist. Investitionen in Bildung sind bereits per se nachhaltige Investitionen. Im konkreten Fall halte ich auch das vom Ecole-Verein vertretene Bildungskonzept für sehr unterstützenswert. Das heißt allerdings nicht, dass diese Unterstützung auf Kosten unserer kommunalen Kindereinrichtungen erfolgen darf und das heißt auch nicht, dass ich jede Art von Unterstützung im Detail unkritisch hinnehmen würde.
  5. Ich habe nicht das Gefühl, dass es für die Öffentlichkeit allgemein und für unsere Bevölkerung in Barleben explizit wichtig ist, den Unterschied zwischen öffentlicher Schule, Privatschule und Schule in freier Trägerschaft klarzustellen. Viel mehr bin ich der Meinung, dass es darauf ankommt, in Wort und Tat deutlich zu machen, dass Gemeinderat und Verwaltung den kommunalen Kindereinrichtungen und Schulen dieselbe Aufmerksamkeit widmen werden, wie den Ecole-Schulen.
  6. Ich bin der Meinung, dass ein Gesamtkonzept für die Bildung und Erziehung in der Gemeinde Barleben erstellt werden sollte. Darin sollten die Entwicklungsziele für alle unsere Kindereinrichtungen und Schulen in Barleben dargestellt werden. An diesem Konzept sollten meines Erachtens alle Schulträger, die Elternvertretungen und das Personal der Einrichtungen mitarbeiten. Es sollte darin nicht nur um die Planung der Infrastruktur (Schulgebäude, Turnhallen, Speiseräume, Parkplätze, Wegebeziehungen, …) sondern auch um inhaltliche Fragen gehen, also unter anderem um die Profilierung der Einrichtungen. Letztendlich geht es im Kern darum, welchen Beitrag jede Einrichtung dazu leistet, dass jedes Kind in der Gemeinde Barleben eine seinen Fähigkeiten und Talenten entsprechende maximale Förderung erhalten kann, unabhängig von der sozialen Herkunft und von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern. Dies ist derzeitig in Barleben ebenso wie in Deutschland insgesamt nicht der Fall.
  7. Eine besondere finanzielle Unterstützung der Gemeinde für den Ecole-Verein und für die Ecole-Stiftung halte ich auch dann für richtig und vertretbar, wenn dafür andere Vorhaben und Projekte der Gemeinde zurückgestellt werden müssen. Jedoch darf diese Unterstützung nicht zu Lasten anderer Kindereinrichtungen oder Schulen oder zu Lasten wichtiger Bildungs- und Erziehungsprojekte in Barleben erfolgen. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass es für mich völlig unverständlich ist, dass im Konzept zur Haushaltskonsolidierung, das vom Gemeinderat am 17.12.2010 beschlossen wurde, auch die Anhebung der Elternbeiträge für den Kindergarten der Gemeinde Barleben enthalten ist. Dafür bestand meines Erachtens kein Erfordernis.
  8. Zu dem Beitrag von Ramona Müller im FW-Blog und der darauf folgenden mündlichen Reaktion von Herrn Dr. Kleinen möchte ich noch anmerken, dass ich es für fatal halten würde, wenn sich zwischen Ecole-Schule und Lokaler Initiative Barleben (LIBa) ein Streit um knappe Ressourcen oder sogar eine Neid-Debatte entwickeln würde. Bisher hatte ich den Eindruck, dass Ecole-Stiftung und LIBa ganz ähnliche Ziele verfolgen. Wir sollten alles daran setzen, weiterhin die Gemeinsamkeiten beider Vereinigungen hervorzuheben, um gemeinsam mit Gemeinderat und Gemeindeverwaltung  in der UNO-Dekade für Bildung für nachhaltige Entwicklung in Barleben einen großen Schritt nach vorn zu gehen, damit sich andere Kommunen an uns orientieren können. Das Potenzial dazu ist vorhanden. Wir sollten es gemeinsam nutzen, statt uns gegenseitig zu behindern.
  9. In nächster Zeit wünsche ich mir eine Diskussion in Barleben (sowohl im Gemeinderat als auch auf anderen Ebenen), die sich darauf orientiert, allen Kindern in Barleben und darüber hinaus möglichst vielen Kindern der Region optimale Möglichkeiten zur Entfaltung ihres genetischen Potenzials zu bieten. Das heißt, dass wir uns nicht am allgemeinen Trend in Deutschland orientieren sollten, sondern an den im OECD-Vergleich in punkto Bildung am besten abschneidenden Ländern. Weshalb sollte es in Barleben nicht möglich sein, dass über 50 % eines Geburts-Jahrgangs einen Hochschulabschluss machen? Es ist allgemein bekannt, dass es zwingend geboten ist, allen Kindern eine frühkindliche Bildung und Erziehung vor Beginn der Grundschule angedeihen zu lassen. Die meisten Kommunen in Deutschland können dies nicht gewährleisten. Weder Bund noch Länder in Deutschland sind bereit oder in der Lage, die nötigen Anreize für die Kommunen zu schaffen oder gesetzliche Vorgaben zu finanzieren. Die Gemeinde Barleben könnte dazu jedoch in der Lage sein. Eine optimale Vorbereitung auf die Grundschule und eine optimale an den Bedürfnissen der Kinder ausgerichtete Schuleingangsphase schafft die Grundlage für erfolgreiche Schülerlaufbahnen. In Barleben könnte diese Optimierung gelingen. Am Geld dürfte es nicht scheitern. Ein kostenloses Kindergartenjahr vor der Grundschule für alle Kinder in Barleben könnte z. B. ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung sein.
  10. Ich hoffe und wünsche, dass Bildung und Erziehung in Barleben tatsächlich diese Priorität erhält, die sie in den Sonntagsreden der letzten Jahre bereits eingenommen hat. Die engagierten Eltern und Lehrer der Ecole-Schulen könnten dafür wertvolle Impulse geben. Auch dies ist ein Grund dafür, die Lehrer, Eltern und Schüler der Ecole-Schulen nicht nur zu unterstützen, sondern auf möglichst vielfältige Weise in das öffentliche Leben der Gemeinde Barleben einzubinden.
  11. Wenn sich die überwiegende Mehrheit des Gemeinderates darin einig ist, dass die Bildung und Erziehung der Kinder in Barleben eine prioritäre Aufgabe der Gemeinde Barleben ist und dass dafür auch die erforderlichen finanzielle Mittel mit hoher Priorität bereitgestellt werden sollen, dann ist es auch legitim, über die Höhe der finanziellen Mittel, die den jeweiligen Bildungseinrichtungen bereitgestellt werden, offen zu diskutieren. Dann ist es auch legitim, danach zu fragen und Vergleiche anzustellen. Es macht jedenfalls keinen guten Eindruck, wenn sich die Gemeindeverwaltung und der Bürgermeister über Wochen und Monate damit schwer tun, Informationen über die zur Unterstützung der Ecole-Schulen bereitgestellten Mittel aus dem Gemeindehaushalt übersichtlich und nachvollziehbar für die Gemeinderäte zur Verfügung zu stellen. Man hat eher den Eindruck, als wäre es dem Bürgermeister unangenehm darüber zu sprechen, statt dass er diese Zahlen mit Stolz vorträgt.

Dies ist die persönliche Meinung von

Jörg Brämer.
Barleben, den 06.07.2010

Kommentar verfassen

Sie können die folgenden HTML-Codes verwenden:
<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>