Vorsicht – Scheinkandidaten!
Wahlen sind immer etwas ganz sensibles und haben mit geschenktem Vertrauen zu tun. In unserem Rechtsstaat, so erwartet man, geht dabei alles mit rechten Dingen zu. Leider gibt es Lücken in den Gesetzen, durch die dieses Vertrauen von Anfang an missbraucht und der Wähler betrogen getäuscht werden kann.
Wie geht das?
Eine in der Öffentlichkeit bekannte Person lässt sich als Kandidat für den Gemeinderat aufstellen, nur um zum Vorteil ihrer Partei Stimmen zu ziehen, da ihre berufliche Tätigkeit ein gleichzeitiges Mandat im Gemeinderat aus gutem Grund ausschließt.
Wer nutzt solche Winkelzüge?
Nur sehr wenige Personen, z.B. der Bürgermeister von Barleben, Herr F.-U. Keindorff (FDP) aber auch der Leiter des Eigenbetriebes Wohnungswirtschaft und Verbands Geschäftsführer des WWAZ, Herr Jörg Meseberg (SPD).
Warum wird so etwas gemacht?
Die Stimmen, welche z.B. die Herren Keindorff und Meseberg erhalten, werden dann den übrigen Kandidaten der jeweiligen Kandidatenliste hinzugerechnet. Obwohl diese Kandidaten also vom Wähler direkt weniger Stimmen und Vertrauen bekommen, landen sie durch diesen „Freundschaftsdienst“ im Gemeinderat. Ihre Dankbarkeit darüber spiegelt sich später in Ihrem Abstimmungsverhalten wider. Der Gemeinderat kann dadurch jedoch seiner gesetzlichen Pflicht, z.B. als Dienstvorgesetzter des Bürgermeisters oder Eigenbetriebsleiters zu agieren, nur noch schwer nachkommen. Die Demokratie wird ausgehebelt und dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet.
Kann man das verbieten?
Nein, leider nicht. Um aber die Wähler deutlicher auf diesen in Barleben mehrfach praktizierten Trick hinzuweisen, wurde 2013 das Kommunalwahlgesetz geändert (s. unten). Es wurde die Veröffentlichung einer Erklärung eingeführt, in der vorab die wahre Kandidaturabsicht offen gelegt werden muss. Um zu reagieren, muss der Wähler natürlich davon auch Kenntnis bekommen. Bitte fragen Sie ihre Nachbarn, ob sie das wissen und sehen sie in die Schaukästen der Gemeinde, dort finden sie (jedoch nur noch bis zum 2.5.2014) die Erklärungen dieser „Scheinkandidaten“!
Rechtliche Grundlagen
Im Nachgang an die 2013 vorgenommenen Neuregelungen im § 21 Abs.12 und § 28 Abs.7 des Kommunalwahlgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt wurde am 08.12.2013 – GVBL LSA. S 532 auch der § 30 Abs. 5 der Kommunalwahlordnung angepasst und eine neue Anlage 9a eingeführt.
Wie aus dem Kommentar der Gemeindeordnung LSA (Klang, Gundlach, Kirchmer, s. zu § 40, Rdn.1) zu entnehmen ist, war es Ziel dieser Gesetzesänderungen, eine „in der Praxis vielfach kritisierte Scheinkandidatur (z.B. ein hauptamtlicher Bürgermeister kandidiert für ein Gemeinderatsmandat, das er später nicht anzunehmen gedenkt, um zum Vorteil seiner Partei Stimmen zu ziehen)“ bei Vertretungswahlen verfassungskonform einzudämmen. Nach den verfassungsrechtlichen Vorschriften ist nämlich ein rechtlicher Ausschluss der Wählbarkeit eines solchen „Scheinkandidaten“ (hierzu § 40 GO LSA und § 29 LKO LSA), unzulässig.
Im Zusammenhang mit den Kommunalwahlen gab es schon in der Vergangenheit immer wieder Kritik daran, dass auf den Wahlvorschlägen von Parteien auch hauptamtliche Bürgermeister bzw. andere Amtsträger kandidierten, die aber nie die Absicht hatten, ein etwa errungenes Mandat für den Gemeinde- bzw. Ortschaftsrat tatsächlich anzunehmen und ihr Amt dafür abzugeben. Diese „Scheinkandidaturen“ dienen einzig dem Zweck, den Amtsbonus in zählbare Stimmen für den jeweiligen Wahlvorschlag zu übertragen und sich so eine eigene „Hausmacht“ zu schaffen bzw. zu erhalten.
Da dies mit einer gehörige Portion Gschmäckle verbunden, eine Scheinkandidatur aber leider von vornherein nicht verfassungswidrig ist, hat der Gesetzgeber einen Dreh gefunden, die Wähler zumindest auf diesen Sachverhalt hinweisen zu lassen. So müssen nach dem Kommunalwahlgesetz in Sachsen-Anhalt solche Bewerber im Vorfeld der Wahlen eine entsprechende Erklärung abgeben, ob sie im Falle der Wahl das Mandat annehmen und ihr Amt aufgeben oder nicht.
In den Amtlichen Mitteilungen der Gemeinde Barleben zu den Gemeinde- und Ortschaftsratswahlen 2014 sind solche Erklärungen von drei Bewerbern um ein Mandat veröffentlicht, darunter vom Bürgermeister der Gemeinde, Franz-Ulrich Keindorff. Alle drei Bewerber wollen ihre jeweiligen Ämter bzw. Tätigkeiten in der Gemeindeverwaltung im Falle der Wahl weiterführen und die Mandate nicht annehmen.
Soweit, so gut. Oder auch nicht.
Die Erklärung von Franz-Ulrich Keindorff enthält nämlich noch einen Zusatz („Mittellandkurier“, Ausgabe Mai 2014), der tief in sein Verständnis von Demokratie, Toleranz und politischer Ausgewogenheit eines Bürgermeisters blicken lässt. Er bezeichnet hier Personen als „Nestbeschmutzer und Querulanten, die in Barleben nicht die Zukunft bestimmen sollten! Dafür setze ich mich ein.“
Ein solcher Satz stünde auch gut in Publikationen, die gern Andersdenkende beschimpfen, hat in einem Amtlichen Mitteilungsblatt einer Gemeinde wohl aber sicher nichts zu suchen. Möchte Herr Keindorff denn nur seine Meinung als das einzig Wahre und Seeligmachende gelten lassen? Sind Menschen, die sich politisch und/oder gesellschaftlich auch um das Gemeinwohl bemühen, aber eine andere Meinung als er haben, Nestbeschmutzer und Querulanten? Wie sieht denn sein Einsatz dafür aus, diese bösen Leute von der Gestaltung der Zukunft Barlebens auszuschließen? Will er sie ausbürgern, internieren oder noch Schlimmeres?
Das Ganze ist so empörend und widerlich, dass man kaum Worte für diese Unverfrorenheit findet. Es wird Zeit, dass das politische Handeln in der Gemeinde wieder auf das zurück geführt wird, wofür es gedacht ist: Auf die Entwicklung eines vernünftigen Zusammenlebens unter Berücksichtigung der verschiedenen Interessen aller Bürger der Gemeinde.
Mir bleibt nur noch festzustellen: Mit dieser Auffassung des Herrn Keindorff hat er seine politische Reputation verloren und er sollte für die Zukunft der Gemeinde keine Rolle mehr spielen dürfen!