Redeverbot für Gemeinderäte?

headermeinungsfreiheitIn den Sitzungen des Barleber Gemeinderates konnten Ratsmitglieder aufgrund der geltenden Geschäftsordnung zu jeder Beschlussvorlage maximal zwei Wortmeldungen abgeben. Dies wurde insbesondere von unserer Fraktion genutzt. Dabei wurden Probleme ausgesprochen und Lösungsvorschläge im Interesse der Bürger gesucht, ungeachtet von Partei- oder Fraktionszwängen.

So etwas funktioniert in einem Dorfparlament normalerweise besser, als im Bundestag. Eigentlich sollte man froh sein, wenn Politiker ihre (eigene) Meinung öffentlich kundtun. Meinungsvielfalt und Demokratie sind aber Errungenschaften, mit denen manche Menschen nicht umgehen können. Speziell solche, die Angst haben, dass durch die Kraft der Worte ihre politischen Lügen und ihre Intoleranz gegenüber Andersdenkenden öffentlich werden.

Deshalb soll die freie Meinungsäußerung nun durch eine Änderung der Geschäftsordnung unterbunden werden. Die Zielstellung ist klar: Bestimmten Gemeinderäten soll es verboten werden, zukünftig ihre kritische Meinung zu sagen, Missstände aufzudecken und sich diesbezüglich an die Kommunalaufsicht oder gar an das Gericht zu wenden. Dadurch werden nämlich Bürger „fehlgeleitet“, was sich schon in öffentlichen Massenkundgebungen gegen die Ortspolitik beim Thema Grundschule oder in einem Einwohnerantrag gegen den Verkauf des Ebendorfer Steinbruchs niedergeschlagen hat.

Die Versuche, über ein sporadisches Redeverbot oder Abbruch der Redezeit im Gemeinderat durch den Ratsvorsitzenden, hatten bisher keinen durchschlagenden Erfolg in diesem Sinne. Nunmehr der erneute Versuch: In den Sitzungen des Gemeinderates soll pro Tagesordnungspunkt aus jeder Fraktion (egal wie viele Mitglieder sie hat) nur eine Wortmeldung kommen, nicht länger als 3 Minuten! In unserer Fraktion mit 5 Mitgliedern würden damit also 4 Gemeinderäte ein Redeverbot erhalten. Nachfragen sind nicht zugelassen, Richtigstellungen falscher Anschuldigungen nicht mehr möglich. Nur der Bürgermeister hat immer Rederecht – und dies in einem Gremium, das laut Gesetzt Dienstvorgesetzter des Bürgermeisters ist. Mit Mehrheitsvotum soll die Meinungsfreiheit außer Kraft gesetzt werden und das mit Hilfe von Parteien, die sich als demokratisch bezeichnen und immer noch nicht verstehen, warum Bürger AfD wählen!

Wer Befürworter dieser neuen Regelung in der Geschäftsordnung ist, zeigte sich in der Hauptausschusssitzung am 28.9.2016, als erstmals darüber abgestimmt wurde. Erwartungsgemäß der Bürgermeister F.-U. Keindorff (FDP), aber auch J. Herrmann (BBB/UWG/Linke) und P. Säuberlich (FDP), der das im Namen seiner Fraktion ausdrücklich begrüßte! Selbstverständlich hat unsere Fraktion (Dr. E. Appenrodt) diese Vorlage abgelehnt, aber auch H. Ölze (CDU); der Bundestagsabgeordnete M. Behrens (CDU) hat sich der Stimme enthalten.
Eine solche Beschränkung widerspricht jedoch dem Rechtsgrundsatz des freien Mandats und dem der Gleichbehandlung aller Ratsmitglieder, deshalb wurde von uns die Kommunalaufsicht informiert und man wird sehen, wie zu diese Sache im Gemeinderat abgestimmt wird.

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